Die Sage von der Hollenkammer

De Sage von der Hollenkamer (sächsischer Dialekt)

Dat Felsenloch in Tentenberge twisken Löützen (Lütersheim) un Volkemissen (Volkmarsen) kennen je doch, dat is de Hollenkamer. Doa sit Löcher innenhoggen, fröher woren dat Skränke. Doadrinne wunnten Hollen, klene schwarte Mensken so graut wi ne Puppe. De kamen machmoa int Duorp un buoargeden sik Pötte un Pannen ton Kuoken und Broaden midde. Me konnte sik auk enen bestellen.
Emoa ackerde en Knächt out Löützen nit weit von dr Hollenkamer. Doa hoart'e Kloppen un dachte: De Hollen backen Koken. He ging nöäher hin un reep: "Holle,back mi auk en Koken midde!" Dann ackerde he ruhig wedder. Up emoa soeh he up 'n Laken en Koken liggen. He stutzede un woll 'n nit niämmen. As de Hollen dat soahen, reepen se: "Diän Koken nimmest de un vertärsten, söß kratzen wi di de Augen out. Duo hiäst en bestallt un ittesten auk!" Doa kriggt 'e Bange un hiät den Koken genommen un gegiätten. De schmachte nit schlächt, äwwer en twettemoa woll de Knächt mit dn Hollen doch nix te donne hawwen, et wor en nit geheuer.
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(Albert Leyhe, in "Waldecker Ortsspott", von Ludwig Bing, Verlag Wilhelm Bing, 1986)

In Hochdeutsch

Das Felsenloch in Tentenberge zwischen Lütersheim und Volkmarsen kennen Sie doch, das ist die Hollenkammer. Da sind Löcher hineingehauen, früher waren das Schränke. Dort drinnen wohnten Hollen, kleine schwarze Menschen so groß wie eine Puppe. Die kamen manchmal ins Dorf und borgten sich Töpfe und Pfannen zum Kochen und Braten (damit). Man konnte sich auch einen (Kuchen bzw. "etwas") bestellen.
Einmal ackerte ein Knecht aus Lütersheim nicht weit von der Hollenkammer. Da hörte er Klopfen und dachte: Die Hollen backen Kuchen. Er ging näher hin und rief: "Holle, back mir auch einen Kuchen mit!" Dann ackerte er ruhig weiter. Auf einmal sah er auf einem Laken einen Kuchen liegen. Er stutzte und wollte ihn nicht nehmen. Als die Hollen das sahen, riefen sie: "Dein Kuchen nimmst du und verzehrst ihn, sonst kratzen wir dier die Augen aus. Du hast ihn bestellt und isst ihn auch!" Da bekam er Angst und er hat den Kuchen genommen und gegessen. Der schmeckte nicht schlecht, aber ein zweitesmal wollte der Knecht mit den Hollen doch nichts zu tun haben, es war ihm nicht geheuer.