Kriegsgefangene in Waldeck

Auch in Waldeck waren die Auswirkungen des 2. Weltkrieges zu spüren. Nicht nur durch die Not in der Versorgung der Bevölkerung und durch die Einziehung der Männer in die Wehrmacht. In 1943 wurde nicht nur die Edertalsperre durch speziell
entwickelte Bomben zerstört, sondern auch die nahe Stadt Kassel mit seiner Kriegsindustrie wurde, nachdem die Auswirkung der Flutwelle durch die Bombadierung der Edertalsperre nicht die gewünschte Wirkung in Kassel gezeigt hatte, in Schutt und Asche gebombt.
Die Folge davon war, dass ein Teil der Kriegsproduktion von Kassel in die Mauser Werke nach Waldeck verlegt wurde. Die Büromöbelfirma musste den Großteil der Produktionshallen räumen und die Verwaltung von Mauser zog nach Bad Wildungen. Das Mauserwerk in Waldeck bekam einen Tarnanstrich. In der Kriegsproduktion wurden aufgrund der fehlenden Arbeitskräfte auch Kriegsgefangene eingesetzt. Zur Unterbringung der Kriegsgefangenen baute man in Waldeck Baracken auf, in denen Russen, Polen, Italiener und auch Niederländer untergebracht wurden.
Einer von den Niederländischen Zwangsarbeitern war Arie Tuit aus der Nähe von Rotterdam. Er war mit 17 Jahren zusammen mit einem zweiten Niederländer in seinem Alter in Kriegsgefangenschaft genommen und nach Waldeck zum Arbeitseinsatz gebracht worden. Die Baracke in der die beiden untergebracht waren stand im Böhnerweg in Waldeck und wurde nach Kriegsende bis Anfang der 70er Jahre noch als Wohngebäude genutzt.
Emma Deichmann, die auch Kinder in dem Alter der Niederländer Jungs hatte, nahm sich der beiden an. Oft aßen sie mit am Tisch der Familie Deichmann, bekamen ihre Wäsche gewaschen und geflickt. Im Laufe der Zeit waren die beiden wie Familienmitglieder geworden. Sie nannten Emma Deichmann liebevoll "Mutter". Nach Ende des Krieges gingen die beiden niederländischen Jungen wieder in die Heimat. Lange Jahre hörte man gegenseitig nichts von einander. Bis Anfang der 1970er Jahre die beiden mit ihren Familien vor der Tür von Emma Deichmann standen. Man kann sich vorstellen, wie erstaunt Emma und Konrad Deichmann waren, als sie die niederländischen "Jungen" wieder sahen. Man hatte sich viel zu erzählen und von da an kam Arie Tuit mit seiner Familie viele Jahre nach Waldeck um sich mit Emma, Konrad und den Deichmännischen Kindern zu treffen.
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Verfasser: Helge Franz, Waldeck