Der süße Brei

Ich kann mich noch ganz gut daran erinnern, wie unsere Mutter uns Kindern Märchen erzählte. Ein Märchen davon habe ich ganz besonders gemocht und habe es später auch meinen Kindern erzählt.
Das Märchen vom süßen Brei gehört sowohl zu der Märchensammlung der
Gebrüder Grimm als auch zu der Sammlung von „Märchen, Sagen, Volksreime, Räthsel, Sprichwörter, Aberglauben, Sitten und Gebräuche“ des Heimat- und Geschichtskundler Louis Curtze. Dieser hatte etwa Mitte des 19. Jh. Volksgeschichten gesammelt.
(Die folgende Original-Erzählung stammt aus Wildungen)
„Es war einmal ein armes frommes Mädchen, das lebte mit seiner Mutter allein und sie hatten nicht mehr zu essen. Das Kind ging nun hinaus in den Wald. Da begegnete ihm eine alte Frau, die kannte seinen Jammer schon und schenkte ihm ein Töpfchen; zu diesem solle es sagen: Töpfchen koch! so kochte es guten, süßen Hirsebrei und wenn es sage: Töpfchen steh! so höre es wieder auf zu kochen. Das Mädchen brachte das Töpfchen seiner Mutter und nun waren sie aller Armut und allen Hungers los und aßen süßen Brei, so oft sie wollten. Das Mädchen war nun einmal ausgegangen, da sprach die Mutter: Töpfchen koch! da kochte es und nun aß sich satt. Dann wollte sie aber, dass das Töpfchen wieder aufhören sollte, aber sie wusste das Wort nicht mehr. So kochte es fort und der Brei stieg über den Topf hinaus und kochte immer zu, die Küche und das ganze Haus voll und selbst die Straße davor. Es entstand die größte Not und Niemand wusste zu helfen. Endlich, als nur noch ein einziges Haus übrig war, da kommt das Kind nach Hause und spricht nur: Töpfchen steh“ das steht es und hört auf zu kochen; aber wenn sie in die Stadt wollten, so mussten sie sich durch essen.“
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Text aus: „Volksüberlieferungen aus dem Fürstenthum Waldeck“ in 1860 (Verlag von A. Speyer, Arolsen)